Lise Nørgaard

 

Matador skulle gerne fortælle om ikke hele historien, så give et billede til forståelse af den periode, der vendte op og ned på danskernes liv, i første omgang uden at de fleste folk var rigtig klar over, hvad udviklingen gjorde ved dem.

 

In dieser Liste eminenter Autoren den Namen Lise Nørgaard zu lesen, mag vielleicht überraschen. Man verbindet mit ihr, neben der journalistischen Arbeit, eine ganze Reihe leichter Romane, Schelmenromane, Erinnerungen, Humoresken. Vor allem aber hat sie sich in Dänemark  einen unsterblichen Namen als Verfasserin der legendären TV-Serie „Matador“ (1978 – 1981) gemacht. Diese Reihe gehört neben „Huset på Christianshavn“ – auf Deutsch unter dem Titel „Oh, diese Mieter“ auch in der DDR ein Riesenerfolg – und der noch beliebteren „Olsenbande“ zu den drei klassischen Produktionen des Dänischen Rundfunks. Was Rang und Namen hatte im Showbusiness war dabei und wer noch keinen Namen hatte, der machte sich mit dieser Serie einen. Aus den ursächlich anvisierten sechs Folgen wurden 24, mittlerweile lief die gesamte Serie schon sieben Mal im Fernsehen und jedes Mal schlug sie den vorherigen Zuschauerrekord. „Willst du Dänemark kennen lernen?“, wird man immer wieder von Dänen gefragt, „dann schaue dir Matador an“. Wenn es ein Buch gibt, mit dem man sich in Dänemark identifiziert, dann ist es wohl Kirks „Fiskerne“, aber dass „Matador“ der Film mit dem höchsten Identifizierungspotential ist und bleibt, ist unumstritten. Er ist in die Sprache, in das nationale Bewusstsein eingegangen, in der Schule setzt man sich damit auseinander, akademische Arbeiten wurden verfasst … Damit gelangen Lise Nørgaard, Erik Balling (Regie), Bent Fabricius-Bjerre (Musik) ein Meisterwerk, das von Stunde Eins an klassisch war.

Lise Nørgaard steuerte bereits einige Drehbücher zu „Huset på Christianshavn” bei; nach dem Unterschied zu dieser Kopenhagener Großstadtserie gefragt, antwortete sie: „Das waren alles Archetypen, Leute, die sich nicht veränderten. In Matador bleibt niemand, wie er oder sie war, denn die Zeit prägt sie. Und in diesen 20 Jahren (1929 – 1947), da veränderte sich Dänemark ganz entscheidend“. Das trifft den Nagel auf den Kopf und sogar in doppelter Bedeutung. Nicht nur die Figuren verändern sich, sondern das gesamte Figurenensemble macht entscheidende Wandlungen durch: Im fiktiven seeländischen Ort Korsbæk beginnt der Zuwanderer Mads Andersen Skjern ein kleines Konfektionsgeschäft. Als die lokale Bank ihm einen Kredit verwehrt, gründet er selbst ein Finanzunternehmen. Bald ist das ansässige Bekleidungsgeschäft in den Konkurs konkurriert, und die Bank, geführt von der reichen Familie Varnæs, hat einen ernsthafte Rivalen. Mads Skjern ist ein Høpner-Typ. Um diesen Grundkonflikt, die Geschichte zweier Familien, scharen sich über 80 Figuren aus allen sozialen Schichten, vom alten General bis zum Bahnhofskneipenwirt, vom Proletarier bis zum Arzt, vom Stubenmädchen bis zum Pensionär, vom Bauern bis zur Hausfrau … die gesamte dänische Gesellschaft ist repräsentiert und damit jedem Zuschauer ein ganz persönlicher Bezug garantiert, zumal nahezu jede Figur liebenswert und zugleich auch mit menschlichen Schwächen behaftet erscheint. Das akribisch bedachte Zeitkolorit war ein weiterer Erfolgsgarant: Erinnern und Wiedererkennen. Aber es gibt noch mehr Analogien zu Kirks Romanen der 30er Jahre. Auch technisch scheint man sich auf Kirks Meisterwerke besonnen zu haben, denn den Büchern vergleichbar, werden die Einzelschicksale ineinander verflochten und bilden jenen legendären Erzählteppich, der diese Werke so unerschöpflich werden lässt. Kirks Versatztechnik scheint hier in bewegte Bilder umgesetzt worden zu sein. Man kann endlos darüber diskutieren, es werden immer wieder neue Facetten sichtbar.

Einen direkten Beweis scheint es nicht zu geben, aber die Indizien sind überwältigend, dass Kirks literarisches Werk direkt oder indirekt in „Matador“ eingeflossen ist, ja dass ohne ihn vielleicht dieser Filmmarathon unmöglich gewesen wäre. Unbezweifelbar aber ist folgende Definition: „Matador“ ist ein Kollektivroman mit anderen Mitteln.

Quellen:

Lise Nørgaard: Et liv med Matador. Gyldendals Bogklubber. København 2004

Matador Kollektionen 1929 – 1947. DR 2006

Matador Guld. Bonus CD, in: Matador Kollektionen 1929 – 1947, DVD 13

 

©Text und Übersetzungen Jörg Seidel

 

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